Mittwoch, 3. Februar 2016

Vergiss die Brautentführung!

Hochzeitsbräuche bilden einen festen Bestandteil der meisten heimischen „Wedding–After-Show-Parties“. Manche sind amüsant, einige verständlich, viele unlustig und einige verzichtbar. Die verzichtbarste aller Traditionen ist wohl die Entführung der Braut - im urbanen Gebiet. Brautentführungen am Lande sind nachvollziehbar. Im klassischen Bilderbuchdorf sind eine Kirche, eine Schule – und zwei Gasthöfe. Im einen wird die Hochzeitstafel ausgetragen, das andere schaute vordergründig durch die Finger. Um das zu vermeiden, arrangiert man sich mit dem „leer ausgegangenen“ Gasthof. Und hier bekommt die Brautentführung erst ihren gesellschaftlichen Sinn. Um mit dem zweiten Gasthof auch in den nächsten Jahren im freundlichen Einklang leben zu können, entführt man die Braut dorthin (was logistisch keinen großen Aufwand bedeutet, da sich dieser meist ohnehin auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet). Dort warten bereits die nicht zur Hochzeit geladenen Dorfbewohner, um mit der Braut anzustoßen und dem Brautpaar zu gratulieren. So macht der andere Wirt auch „seinen“ Umsatz, die Dorfbewohner bekommen Braut/Bräutigam zu sehen und alle sind zufrieden. Das ganze dauerte ein Getränk lang und passiert am Nachmittag.

Die meisten Eheschliessungen finden schon längst nicht mehr im Bilderbuchdorf statt. In Österreich ist Wien Spitzenreiter in der Hochzeits-Statistik. Während sich also das Hochzeits-Setting stark verändert hat, sind die klassischen Hochzeitsabläufe die gleichen geblieben – bestes Beispiel dafür ist die Brautentführung. Warum wird dieser, im Dorf sehr sinnvolle Brauch, mit einer unreflektierten Vehemenz in die Stadt transkribiert?

Wenn Gastgeber die Veranstaltung verlassen haben, dann ist eine Party eigentlich zu Ende. Mit der urbanen Brautentführung – die im städtischen Bereich, aus unerklärlichen Gründen dann auch immer irgendwann spätabends erfolgt – wird die Hochzeitsfeier unterbrochen und zwar mit aller Gewalt. Nachdem ohnehin schon die Braut dem Fest fehlt, ist wenig später auch noch der Bräutigman in Begleitung seines „Best Mans“ abgängig, weil ja auf der Suche nach der Braut. Meistens schliesst sich dieser Aktion noch eine Horde „noch nicht so sehr betrunkener Gäste“ an (die „zu sehr Betrunkenen“ würden gerne mitkommen, finden aber entweder den Ausgang oder ihr Auto nicht). Die Aufgabe des Bräutigames ist es nun von einem Lokal ins andere zu hetzten, jeweils einen „traditionellen“ Shot zu trinken und weiter. Das geht so lange, bis die Braut gefunden wurde. Diese ereilt das selbe Schicksal wie ihren frisch geehelichten Gatten. Kleine gefährliche Getränke wurden ihr angeboten und im Sinne von „Ich-will-jetzt-nicht-so-langweilig-sein“, nimmt die/der Braut/Bräutigam den „Kurzen“ an. Die/der Braut/Bräutigam kommen dann zwar nach ein paar Stunden zurück, allerdings meist durch schnell konsumierte „Shots“ nicht mehr wirklich partytauglich. Der angenehme Teil der Party ist also vorbei.

Fazit: Die „Braut-Entführung“ ist ein Brauch, der nur im richtigen Kontext sinnvoll ist. Bei einer urbanen Hochzeit richtet dieser Brauch, im Sinne eines gelungenen Festes, eher Schaden an. Die Feier wird dadurch im besten Fall gestört, im schlechtesten Fall beendet. Freuen tut sich über dieses Brauchtums-Relikt in Wirklichkeit niemand.

Unser Tipp: Wenn ihr Angst habt, dass eurer Stadt-Party um Mitternacht die Luft ausgeht, warum nicht einen gemeinsamen Lokalwechsel vornehmen? In der Stadt hat man den großen Vorteil, dass man zwischen vielen verschiedenen Locations wählen kann. Eine Hochzeitsfeier muss nicht immer in dem Lokal enden, in dem man mit dem Essen begonnen hat. Das muss allerdings gut geplant und kommuniziert werden, damit sich das anvisierte Lokal und die Gäste danach richten können. Auch der Transport der Gäste sollte im Vorfeld abgeklärt werden. Bereitstehende Taxis sind eine gute und nicht allzu kostspielige Möglichkeit, die sich schnell organisieren lässt (die Gäste müssen dabei vielleicht gar nicht unbedingt wissen, wo es hingeht - das kann zusätzlich spannend sein).




Bild: Rainer Sturm/pixelio.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen